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Teil 2) Maulkörbe, Maulschlingen und was es sonst nicht noch so alles gibt....
Aktualisiert: 1. Feb. 2021

Willkommen zurück zu Teil 2 meiner „Serie“ über die Auswahl der richtigen Maulbedeckung für Hunde. In diesem Blogeintrag würde ich mich gerne den Maulschlingen widmen. Ein Thema, das mich schon lange beschäftigt und oft grübeln lässt.

Zuerst einmal zu den Fakten. Eine Maulschlinge ist wie der Name schon sagt kein Beißkorb, sondern lediglich ein Beißschutz. Sie deckt also nicht das komplette Maul des Hundes ab, sondern hindert einen Hund daran Schaden mit dem Maul anzurichten, indem sie verhindert, dass der Hund das Maul überhaupt öffnen kann.
Es gibt natürlich auch beim Thema Maulschlingen verschiedenste Modelle, genau wie bei Beißkörben. Dazu zählen eher schmale Riemen beispielsweise aus Leder, die wie herkömmliche Lederbeißkörbe mit einem Schnallenverschluss hinter den Ohren zu schließen sind und mit dem festen Leder zuverlässig das Maul geschlossen halten, wenn die Größe entsprechend gewählt wurde. Außerdem gibt es Maulschlingen, die den seitlichen Maulbereich des Hundes fast komplett abdecken aber die Nasenspitze (somit auch die vordere Zahnpartie) frei lassen, diese sind dann eher aus Stoff oder stoffartigen Kunststoffen wie z.B. Nylon und meistens mit einem Klick-Verschluss an einem Stoffband versehen. Diese Art der Maulschlinge sieht man, wie ich finde, am häufigsten.
Dann stellt sich die Frage, in welchen Situationen Maulschlingen üblicherweise verwendet werden. Pauschal kann man dazu glaube ich sagen, dass das normalerweise eher Stresssituationen sind. Wo möchte man denn seinen Hund davon abhalten, sein Maul zu verwenden? Unter Menschenmassen, vielleicht im Freilauf, dass der Vierbeiner nichts fressen kann oder in unangenehmen oder sogar stressigen Situationen wie z.B. bei einer Untersuchung etc. Im Normalfall wird sich der Hund also nicht in einem super entspannten Stadium seiner Gefühlswelt befinden. Wenn man sich das jetzt vorstellt, dass ein Hund eine dieser Maulschlingen trägt und diese in einer passenden Größe gewählt wurde, dann kann sich der Hund sicher selbst nicht von der Maulschlinge befreien (abstreifen ist unmöglich, wenn diese richtig sitzt) aber vor allem kann er das Maul keinen Zentimeter weit öffnen. Sicher kein sehr angenehmes Gefühl und noch viel schlimmer daran ist, dass der Hund weder hecheln noch beschwichtigen oder sonst etwas in diese Richtung kann. Man nimmt dem Vierbeiner damit die „Haupt-Kühlung“ des Körpers, die Hilfe des Stressabbaus durch Hecheln und jegliche Form mit dem Maul in Verbindung stehende Beschwichtigungssignale oder sonstige Körpersprache auszuführen.
Ist es dann überhaupt sinnvoll, Maulschlingen zu verwenden? Gibt es denn deutliche Vorteile? Als ausgebildete Tierarzthelferin weiß ich, dass Tierärzte Maulschlingen oft in Gebrauch haben. Ich persönlich kann es nachvollziehen, dass in wirklich kurzen Situationen, in denen es nur darum geht in einem bestimmtem Moment Beißen zu verhindern, eine Maulschlinge durchaus sinnvoll sein kann. Sie hat im Vergleich zu den meisten Beißkörben nämlich den Vorteil, dass sie nicht an sich wehtut, wenn man mal mit dem Hund zusammenstößt und auch wenn das Material an sich eigentlich zu weich sein kann, um den Biss zu verhindern, kann der Hund ja gar nichts erwischen, weil das Maul geschlossen bleibt. Da spreche ich aber wirklich nur von sehr knapp begrenzten Zeiträumen.
Ein weiterer Vorteil, der sicherlich bei den meisten Leuten und vor allem bei Tierärzten ein wichtiges Kriterium darstellt ist, dass sie extrem platzsparend und leicht waschbar sind…Egal also wie klein die Praxis ist oder wie wenig Stauraum es gibt, einen Satz Maulschlingen (also eine in jeder Größe) lässt sich fast überall verstauen. Ja und dass man sie einfach in die Waschmaschine werfen kann nach dem Gebrauch, ist definitiv ein Pluspunkt. In diesen speziellen Fällen und bei verantwortungsvollem Gebrauch, kann ich den Einsatz von Maulschlingen also verstehen. Dann stellt sich mir aber noch die Frage, wieso Privatpersonen diese Variante wählen, um beispielsweise in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren?
Ich denke ganz oft wirken herkömmlich Beißkörbe irgendwie bedrohlich auf die meisten Menschen und lösen eher Unbehagen aus. Bei Maulschlingen hat man vielleicht ein „weniger schlechtes Gewissen“, weil sie ja weich sind und aus Stoff. Wir haben also unbewusst das Gefühl, den Hunden etwas Besseres zu tun, wenn wir uns für die weiche, freundlicher aussehende Variante entscheiden…und damit das alles nicht so stramm sitzt und der Hund sich ein bisschen bewegen kann in dem Teil, kann man ja eine größere Größe nehmen. So kriegt mein Hund das Maul zumindest ein bisschen auf. Das sind Gedanken, die ich schon oft in diesem Zusammenhang gehört habe. Ehrlicherweise, ist es aber sicher nicht das Sinnvollste, Zubehör für unseren Hund absichtlich in der falschen Größe zu kaufen um die Umstände „ein bisschen“ besser zu machen.
Ja sogar auf der öffentlichen Seite der Wiener Linien wird davon abgeraten, einem Hund eine Maulschlinge in den öffentlichen Verkehrsmitteln anzuziehen. Ganz zu schweigen davon, dass eine Maulschlinge ja strenggenommen kein Maulkorb/Beißkorb und damit auch rechtlich vermutlich eine sehr wackelige Sache ist. Mit einer Maulschlinge ist mein Hund damit zumindest laut der Hausordnung der Wiener Linien, eigentlich nicht richtig ausgestattet, um mitfahren zu dürfen.
Ich persönlich finde daher, dass Maulschlingen im privaten Gebrauch nichts verloren haben. Wenn man selbst eine passende kauft, um beispielsweise beim Tierarzt schnell die richtige Größe parat zu haben, dann ist das ja wieder in Ordnung, wenn mein Hund das braucht. Sonst finde ich aber, gibt es für Privatpersonen und deren Hunde quasi keinen sinnvollen Nutzen für Maulschlingen. Außerdem glaube ich, dass in den meisten Situationen in denen Maulschlingen sinnvoll sind, Silikonbeißkörbe eine gute Alternative sind. Auch diese tun bei einem Zusammenstoß nicht mehr weh, eher sogar weniger als der Schädel des Hundes und bietet somit beiden Seiten eine leichte Abfederung. Der Hund kann aber bei einem passend gewählten Silikonbeißkorb richtig hecheln, beschwichtigen und das Maul öffnen. Für mich also definitiv die bessere Variante.
Daher ist es mir nochmal an dieser Stelle ganz wichtig zu sagen, dass ich niemandem empfehlen würde, vor allem nicht im Sommer, einem Hund in Stresssituationen wie z.B. in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maulschlinge aufzusetzen. Öffi fahren, ist auch für Hunde, die das gut können, ein Stressfaktor und die Hitze in den Zügen etc. ohne Klimaanlage ist oft schwer aushaltbar. Hecheln ist damit in diesen Situationen wirklich wichtig für unsere Vierbeiner und das zu verhindern, kann im Hochsommer wirklich gefährlich werden.
Damit appelliere ich: Lasst uns dieses Bild von Beißkörben als etwas Grausames und eine Qual für unsere Hunde neu malen. Es gibt nun mal an bestimmten Orten oder in bestimmten Situationen die Regel, dass mein Hund dort einen Maulkorb tragen muss…das finde ich in den meisten Fällen sogar sinnvoll. Wenn ich also einen wirklich gut passenden und angemessen gemachten Maulkorb für meinen Hund besorge, dann ist das Tragen nicht mehr wirklich unangenehm, sondern nur ungewohnt und genau da können wir erheblich eingreifen und den Hunden helfen, indem wir sie langsam und mit sehr viel positiver Verstärkung und Verknüpfung an den Maulkorb gewöhnen. Dann wird sich der Hund gar nicht mehr wirklich davon gestört fühlen…genau wie von Halsband, Brustgeschirr und Co.
Danke fürs Lesen. Ich hoffe ein paar Leute konnten sich mit diesem kleinen Überblick ein besseres Bild von den verschiedenen Varianten der „Maulbedeckung“ machen und vielleicht auch besser entscheiden, was für den eigenen Hund am sinnvollsten und angenehmsten ist.
Wenn es noch Fragen oder Anregungen gibt, meldet euch einfach bei mir unter pawline.hundetraining@gmail.com.
Alles Liebe!
